Langeweile – Odyssee 2024

„Hier bleib ich!“ … staunend steh ich vor den metallisch glitzernden Schaumkronen, grau-blau ist Poseidons Atlantik … rauschende nimmermüde Wellen … manche spülen verlorene Surfer an den Strand … vereinzelte Brecher spritzen …

bis an die Kaimauer vor unsere Füße …

Gischt flirrt und glitzert in der Luft … es zischt und pustet, Wind wirbelt Haare durch die Luft, Möwen krächzen, schreien um die Wette … vorbeischleichende Paare seufzen, Gesprächsfetzen krabbeln wie Krebse über die Promenade … und immer wieder Gischt …

Sonnenstrahlen strömen in Scharen nieder …

kleine Regenbogen schillern im Sonnenlicht … salzige Luft, lässt Poren aufleben und Augen brennend zusammenkneifen … meine Hände wühlen in meinen Taschen nach Seesternen … es duftet nach Seetang, Muscheln, unendlichen Weiten …

und Poseidons Dreizack …

kann mich unmöglich losreißen … hier und da Auto.- und Haustürknallen … Zigaretten.- und Pfeifenrauch … stehe wie angewurzelt herum, tausend Dinge sprudeln im Brunnen meines Kopfes … langsam ebbt es ab … erst Geysir, dann Moby Dick mit Schnupfen …

Zwei Joggerinnen …

huschen vorbei … vereinzelt knattern Motorräder die Promenade entlang … Kinder kreischen, schlecken Eis … zwei Rentnerpaare schlendern Hand in Hand, auf der Suche nach einer geeigneten Bank … ich rieche frische Waffeln … suche nach der Quelle …

Leergefegte Promenade …

So wie die gesamte Bucht … kein Käptain Ahab auf Walfang … keine Piraten, die Geiseln nehmen, für Hysterie und Panik sorgen … bloß bummelnde Radfahrer, Kombis mit offenen Heckklappen … Surfer und Schwimmer die sich umziehen …

hier und da leise Musik …

Jeder für sich, in sich gekehrt, auf Wellen, Eis oder Lebensende wartend … Hendaye, Wartesaal für unaufgeregte Menschen … Langeweile, wie sehr bist du unterschätzt … twisted sister vom mir so hoch geschätzten Müßiggang …

„Kommst du?“ …

Meine Freundin lädt mich zum Betreten des Hotels ein … „Schau, da ist der Eingang“ … lautes Knarzen und Quietschen, wie die Zugbrücke von Hui-Buh’s Schloss … Hotelflur mit Teppich und Bildern in Öl … Meer mit Segelschiff … Meer und Fischerboot …

Steuerrad und Kompass an Wänden …

Rezeption mit Infobroschüren … Ach sieh an, Jai-Alai kommt nicht aus Miami-Vice, sondern aus dem Baskenland … wer hätte das gedacht … „Guten Tag, herzlich willkommen in Hendaye, hatten Sie eine angenehme Fahrt?“

Wir checken ein …

tauschen Höflichkeiten aus, bekommen Tipps … „Sonne und Meer, ein normaler Tag für uns. Hierher verirrt sich niemand, der Partys sucht“ … ein wenig Missachtung und Zweifel, gegenüber der Hysterie dieser verrückten Welt klingt in der Stimme der Hotelchefin …

Auch sie mag es unaufgeregt …

„Wir suchen das Nichts, im großen Ganzen“, bemerke ich leise, wir wären hier, um der Zeit beim Trocknen zuzusehen … ihr Lachen klingt echt, stark und stolz … für Langeweile ist man hier richtig, bringt sie zum Besten und klatscht dabei in die Hände …

Ihre widerspenstigen Locken …

unterstreichen Unabhängigkeit und vergangene Wildheit … „Folgen Sie mir“ … ihr Sohn, Anfang zwanzig, groß, schlank, Typ Bücherwurm und Bohnenstange, so wie ich, schwebt uns freundlich, still und leise voraus … geleitet uns durchs Treppenhaus …

„Hier unsere Ahnengalerie, schauen Sie…“

Schwarz-Weiß-Fotografien … Männer und Frauen mit ausgezehrten Gesichtern … ein paar Topfpflanzen stehen in Ecken … Marmorstatuen erinnern an Hellas … Treppenhaus ganz in Marmor … Stimmen und Schritte hallen, wie im Reichstag …

Dann erster Stock …

wieder plüschiger Teppich … Zimmer zum Meer … „Da sind wir“, Sohnemann schließt auf, sag bloß … mechanischer Schlüssel, keine Scheckkarte mit grüner Lampe, wenn sich Fort Knox öffnet, wie sonst üblich … ein Kiesel knirscht unter meinem Fuß …

quietscht, schreit markerschütternd …

schönes Zimmer … viel Weiß mit Platz, kaum Bilder und Spiegel, spartanische Kargheit im Baskenland … Prinzessinnenbett mit Balkon … Sim Sala Bim … Sesam öffne dich … stumm räumen wir unsere Sachen aus … Reißverschlusse zippen um die Wette auf und zu …

im Bad stellen sich Flakons brav in Reihe …

gelernt ist gelernt … diskretes Schließen der Tür vom Bad … rauschende Spülung, während ich mich im Zimmer umsehe … Schreibtisch mit der üblichen Flasche Wasser und zwei Gläsern … irgendwo muss doch … Ha! Hier ist er …

Mein Riecher ist gut und richtig …

Wie Kommissar Null-Null-Schneider … im Tisch ist eine Bar eingebaut … greife zielsicher ein Bier, setze mich zu Poseidon auf die Terrasse, proste ihm zu … Langeweile ist großartig … es gibt so viel, was man nicht tun sollte, man muss sofort damit anfangen …

und so geschah es …

und Poseidon und ich sahen, dass es gut war … wir starren aufs Meer … hin und wieder Flaschennippen, dazwischen schweigen, horchen, grübeln und einen riesigen Haufen Nichts … mir fallen die Augen zu … plötzlich schrecke ich hoch, habe ich etwa geschlafen? …

Keine Ahnung wie lange …

erster Spaziergang … rechts Atlantik, links Promenade von Hendaye … Touristen suche ich vergeblich … stattdessen Eingeborene, die ihrem geregelten Leben nachgehen … Vorbeischlendern an abrissreifen Hotels … sofort ziehen sie meine Aufmerksamkeit auf sich …

erinnern mich an Exarchia, Athen …

fabelhaft, wie trotzig manche Ruine ihren Kopf über Wasser hält … ich denke an Krimis im Baskenland … bestimmt fallen mir hier tolle Sachen ein … sieht man vom nahen Spanien, oder dem Flughafen San Sebastien und dem Schloss Abbadia ab …

ist Hendaye stinklangweilig …

Gegen acht gehts zum Restaurant … Promenade bei Dunkelheit … alle Borsteine hochgeklappt … weder Menschenseele, noch heimatloser Hund, die herumstreunen, nicht mal achtlos entsorgte Servietten, die herumwehen … Aber Obacht: packt einen die Langweile …

ist auch der Müßiggang nicht weit …

Fatamorgana – Odyssee 2024

„Cabin Crew, 100 minutes!” … erschrocken schieß ich hoch … es ist früher Morgen, immer noch liege ich auf meiner Bank vor der Kirche in Estellencs … alles tut mir weh, kalt ist mir auch … ich streck mich, meine Knochen krachen … im Freien schlafen, unter Sternenhimmel …

aufwachen ohne Zähne putzen …

ist lange her … im Poc-a-Tot gegenüber gibts ersten Café … ein paar Anwohner sind heute früh unterwegs … keine Ahnung welcher Tag heute ist … ein paar Sonnenstrahlen zeigen sich schüchtern … langsam klart meine Erinnerung auf …

Maikäfer flieg …

Fällt mir ein, um meinen inneren Zustand zu beschreiben … merkwürdig, wie sich auf einmal alles gegen einen richten kann … als könnten alle Menschen ganz plötzlich gleichzeitig verrückt werden, um sich gegen dich zu verschwören … schlechtes ist plötzlich gut …

falsches wird plötzlich richtig …

komisch, dass alles … nein, viel mehr noch … im höchsten Maße irritierend … ohne robusten Wertekompass kann man daran verzweifeln … doch zum Glück ist es anscheinend nicht so schlecht um mich bestellt … ich fühle mich überraschend gut …

irgendwie unaufgeregt …

so ganz im hier und jetzt, auch auf die Gefahr hin, dass es sich ein wenig esoterisch anhört, wie mein Kumpel F. aus H. jetzt schmunzelnd denkt … ich wandere im Dorf umher … mehr als einmal habe ich ein merkwürdiges Gefühl von Entfremdung …

und gleichzeitig Befreiung …

sofort denke ich an Thaddeus Golas und sein großartiges Werk „The lazy man’s guide to enlightenment“ … irgendwo in der Mitte geht es um Liebe und Frequenzen … dass man loslassen kann … sich für die schöne Zeit bedankt und …

seines Weges geht …

geradezu magisch füllen sich Geist und Körper mit Zuversicht und stetig anwachsender Sonnenwärme … großartig, denke ich … immer fröhlicher fühle ich mich … beschwingt gehe ich meines Weges … drehe noch ein paar Runden … esse & trinke eine Kleinigkeit …

dann merke ich es …

meine Geschichte ist hier zu Ende geschrieben … ich zahle im Poc-a-Tot, hole mir abschließend noch einen weiteren Café und suche einen Rückflug nach Toulouse … eine Stunde später bringt mich der nächste Bus nach Palma … pünktlich hebt der Flieger ab …

neue Türen springen in meinem Kopf auf …

„5 minutes to Landing!“ … rumpelnd gehen wir in Toulouse zu Boden … wieder zuhause, denke ich … fühlt sich gut und richtig an … noch dazu mit 10 Kilo weniger Gewicht auf den Schultern … merkwürdig, wie sich die Dinge im Leben manchmal entwickeln …

Ein ständiges Kommen und Gehen …

Beflügelt von meinem Sozial-Zölibat, schließ ich mich zuhause ein … wie im Wahn schreibe ich dutzende neue Seiten am neuen Buch … es fließt förmlich aus der Feder … was Veränderungen im Allgemeinen bewirken konnten …

Wonderfull …

Nach zwei Wochen Isolation macht sich die aufgestaute Reiselust bemerkbar, die untertage reichlich gewütet hat … kann ja keiner ahnen, dass aus einer Woche so ein kurzer Blitzurlaub wird … wenn mir das Mittelmeer zurzeit also nicht sonderlich wohlgesonnen scheint …

Dann vielleicht der Atlantik …

Schon geht‘s mit Rückenwind Richtung Baskenland … Hendaye kennen meine Freundin und ich gar nicht … „Wo bitte? Was? Wie heißt das? Wie spricht man das aus? Wie Honda? … Wie die Motorrad & Auto-Marke? … Nur mit „Ei“ am Ende, statt „A“?

Klang einfach …

Hondei = Hendaye … ich liebe europäische Sprachen … wir rockerten die A64 runter, immer an den Pyrenäen entlang … schöner Roadmovie, mit Sonne und guter Stimmung im Gepäck, denn während die Götter Toulouse nur Regen und Kälte schicken …

Gibt’s bei den Basken strahlenden …

Sonnenschein … stiller als sonst lassen wir die Landschaft an uns vorbeiziehen, manche Verdauung brauchte länger … immer dichter schrauben wir uns mit unserem schwarzen Seat an den Ozean heran … vorbei an Tarbes und Pau, jedoch nicht ohne …

oh weh, welch Frevel …

noch dazu in Frankreich … Zwischenstopp bei Burger-King zu machen … „Zwei Whopper bitte, und … Was? Wie bitte? Sie nehmen keine Bestellungen auf? Bei den Service-Säulen müssen wir das eingeben? Ach so, das ist ja praktisch!“ … für euch …

Fortschritt sei Dank …

Im Bee-Kay von Tarbes herrscht Trubel wie in einem Bienenstock … brechend voll ist es heute zur Mittagszeit … muss am Sonntag liegen … hauptsächlich Familien … Kinder krabbeln umher, rufen, singen, schreien, lachen, weinen und mampfen munter in sich rein, so wie wir …

Staunend stehen wir im Sturm …

Der uns wie Hurricane Katrina vorkommt … unsere Burger und Getränke bringt man uns sogar, das ist neu für mich … „Bonne appétite!“ … wie nett … „Merci!“ … habe gefühlt 100 Jahre keinen Whopper gegessen …

Was irgendwie nicht schlimm ist …

Wenn ich auf meinen inneren Werte-Kompass schaue … aber einmal im Jahr, ach was sage ich … vielleicht alle zwei oder drei Jahre … kann mich nicht daran erinnern, wann das letzte Mal … außerdem darf man im Urlaub auch mal Verrücktes machen …

Weiter ging’s Richtung Westen …

Langsam schoben sich erste Hügel unter die Räder … immer rauer schaukelte uns die Landschaft durch … rauf und runter ging es … enge Kurven, immer mehr Flüsse überquerten wir, am laufenden Band kamen Brücken … drüber oder drunter …

Da! Schau nur …

Hast du das Meer gesehen? … Ja, hab ich, hab ich … wir freuen uns wie im Fieber über die spanischen Autokennzeichen … schau mal, da vorn ist schon die Grenze … ein Wahnsinn, oder? Ist Europa nicht großartig? … Total! …

Letzte Abfahrt Hendaye …

Klingt wie’n Titel für’n Buch oder Film … ich lass das Fenster runter, kann den Atlantik riechen … Boah, wie krass ist Natur den bitte! … Auf einer engen Küstenstraße schlängeln wir uns abwärts … haben gar nicht bemerkt, dass die Küste so hoch ist …

Dann endlich …

Hendaye am Strand … was für ein Licht … schau mal, wie leer das hier ist, wie kommt denn das, denke und sage ich … eine leichte Brise streicht beim Aussteigen über unsere Köpfe, dazu das Konzert des rauschenden Meeres …

Hier bleib ich …

Dorf am Meer – Odyssee 2024

„Cabin Crew, 10 minutes to landing!” … dröhnt es aus den Lautsprechern … erschrocken schieß ich hoch … wir schrammen über den Puig Major, drehen ein paar Kurven über der Insel … dann geht der Kapitano auf Landeanflug …

Es schaukelt mächtig …

Scherwinde, glaube ich … es wirde ziemlich still im Flieger … unser Easyjet taumelt wie ein betrunkener Seemann … das Cockpit entscheidet auf Angriff zu gehen, drückt die Nase runter … schon geht’s abwärts, aber nicht zu knapp …

rumpelnd landen wir …

hinten klatschen sie, wie früher … starker Wind lässt uns auch am Boden rumschlingern, wie ein überhitzter Leguan … kaum stehen wir, springen erste Passagiere auf und plündern die Overheadstorages … Tumult bricht aus … Flugbegleiter brüllen Befehle …

Kinder schrein …

Stewardessen rollen mit Augen … kaum ist die Tür freigegeben, stürmen Ungeduldige an mir vorbei … ich falle zurück in meinen Sitz … in welcher Kinderstube man ihnen das wohl so beigebracht hat … werde von der hinausströmenden Menge herumgeschubst …

Wie früher …

Aua! Stoße mir den Kopf, berappele mich … suche schnell das Weite … du meine Güte! Hyänen sind nichts gegen diese wilde Meute … durch den Finger vom gate wanke ich ins Terminal, dort herrscht Karnevalstimmung … bunte Klamotten, Tätowierungen …

Viel rote und braune Haut …

Große, kleine, dicke, dünne Menschen … Briten, Deutsche, Skandinavier, alle betrunken, oder kurz davor … dazwischen ein paar zielstrebig herumstolzierende Spanier und Mallorquiner … Touristen in weiten Trekkinghosen und Kostümen …

Gruppen mit Motto-Dress …

Mache um Alles einen großen Bogen, schlängle mich ungesehen vorbei … im Terminal gibt’s Baustellen, mehrmals leitet man uns um, ratlose Passagiere verstopfen Gänge, habe längst die Orientierung verloren …

Sehe irgendwann Licht …

Da! Schau nur, der Ausgang … ein Wunder, nicht zu fassen … Sonnenlicht, endlich draußen, wie in Trance taumle ich zu den Taxis, Hauptsache weg … ein netter stiller spanischer Achttagebart fängt mich ab, scheint mir meine Verzweiflung anzusehen …

„Hola, que tal …“

Endlich wieder normale Menschen … „alles gut, und bei dir?“ … wir schmalltalkten uns aus dem Flughafengewimmel … nehmen Fahrt auf Richtung Palma … auf der Rocade der übliche Verkehr … „Nein! Besser ist das Geschäft seit Corona nicht, aber“ …

Wir biegen ab Richtung A20 … surfen über den Strom heißblütiger Schwachstrom-Machos, die mal so kurz nebenbei auf der Straße Druck ablassen … wildes Gehupe, aufheulende Motoren, manches ändert sich wohl doch nicht mehr …

Mein Fahrer heißt Oktavio …

Schöner Name, finde ich … auch er nimmt Fahrt auf … „Aber was will man machen, ich beklage mich nicht, wir sind bei vielleicht 70 bis 80% vom Umsatz 2019, ist nicht berauschend, aber genug zum Leben, zurück nach Barcelona gehe ich auf keinen Fall!“

Kann ihn verstehen …

Wer sich einmal umtopft, kehrt nicht zurück in alte Gärten … „Und du? Arbeitest du hier, oder bist auf Urlaub?“ … wir schunkeln durch Esporles, schrauben uns die Sierra-Tramuntana hoch, vorbei an Port des Canonge und Son Buñola …

„Ein wenig von Beidem“ …

gebe ich zum Besten … dann geht es wieder hinab Richtung Banyalbufar … wir sind beide der Meinung, dass zu viel Tourismus schlecht ist, dass die neu ausgegebenen Beherbergungs-Lizenzen der Insel gut tun usw. … wie überhaupt grundsätzlich jedes „zu viel“ …

schlichtweg zu viel ist …

unsere vermeintliche Weisheit lässt uns lachen … könnten jetzt ein Bier zusammen trinken … wie ein Leuchtturm schleicht das Orstschild Banyalbufar an uns vorbei … in langsamer Tauchfahrt waten wir durch den Ort …

Weiter geht’s Richtung Estellencs …

selbst nach dem 1000sten Mal ist die MA-10 herrlich … sie hat nichts von ihrer Magie verloren … nach dutzenden Kurven öffnet sich die Insel, da liegt das kleine Dorf am Meer … meine Perle, fehlen nur blaue Fenster und geweißte Mauern …

Mittelmeer …

ich zahle Octavio ein Direktorentrinkgeld … steige aus und klopfe mir Arme & Beine aus, orientiere mich … pünktlich auf die Minute bimmelt die Kirchenglocke … ich sehe ein paar Freunde in Entfernung spazieren gehen … rufe ihnen hinterher …

Keine Reaktion …

Merkwürdig! Ich pilgere die kleinen Gassen vom Dorfkern entlang, keine Menschenseele, alle Türen, oder Fensterläden sind verschlossen … vermutlich Zufall … im Sa Tanca ist es brechend voll, auf Katzenpfoten schwebe ich geräuschlos vorbei …

Niemand sieht, oder erkennt mich …

Fange an mich aussätzig zu fühlen, gehe zum Haus meiner Freunde … auch dort sind alle Türen verschlossen … komisch, sie erwarten mich doch wohl hoffentlich, oder etwa nicht … ich zücke meinen Schlüssel, fingere ihn unsicher ins Schloss …

er passt nicht …

Ratlos gehe ich zurück in den Ort, setze mich auf eine Bank, blicke zum Mittelmeer, stelle mir hunderte Fragen, bekomme keine Antworten, so wie früher … Autos fahren vorbei, alle ohne Kennzeichen … Insassen samt Fahrer mit ausdruckslosen Gesichtern …

Gähnende Leere, überall …

Unruhig zücke ich mein Smartphone … wähle ein paar Nummern „Kein Anschluss unter dieser Nummer“ … was ist hier los … „Versuchen sie es später noch einmal. Auf Wiederhören“ … ich hinterlasse ein paar Sprachnachrichten, schreibe ein paar Whattsapp-Texte …

Doch nichts …

Abenddämmerung zieht herauf, Wind frischt auf … es wird kühl, niedergeschlagen mache ich es mir auf einer Bank vor der Kirche bequem, rolle mich gegen die Kälte ein … trinke zwei kleine Bier, werde müde, schlafe ein …

Und falle in einen traumlosen Schlaf …

Urlaub – Odyssee 2024

Meine Kollegin Sandrine hatte mir den Rest gegeben … Piepende Ohren kannte ich nur von Anderen, oder aus dem Bekanntenkreis und Psychologiefachzeitschriften … Jetzt hatte es mich selber voll erwischt … Munter surrte und piepte es in meinen Muscheln …

Arbeite ich zu viel? …

Hab ich zu viel gehört, zu viel geredet? … Keine Ahnung! Ich wusste es nicht … Nur, dass ich mich platt, irgendwie geschafft fühle … plötzlich klingelt mein Telefon … meine Mutter … Sie hat gute Laune … „Hallo, wie geht es dir? Wo bist du denn gerade? Ach sag bloß! Ja wirklich?

Wie schön!

Ach, im Grunde geht es mir eigentlich ganz gut … doch-doch … Was sagst du? Nein, das Festnetztelefon geht wieder … hat ja auch lang genug gedauert … Ja, danke das du fragst, ist lieb von dir … sag mal, was ganz anderes, wo ich dich am Telefon habe …

hast du deinen Anteil …

für den Friedhofsgärtner schon überwiesen? Ach wirklich? Hast du schon? Wie schön! Nöh-nöh, sonst ist alles soweit in Ordnung. Ruf ruhig auch mal wieder an, hörst du? Ja, danke. Du auch. Hab einen schönen Tag, bis bald … Tschüß!“ …

Knacken in der Leitung …

ich entscheide mich, nach Mallorca zu fliegen … Freunde besuchen, abschalten … nichts hören, nichts sehen, nur Meer und Sonne … Für Ostermontag finde ich ein günstiges Ticket, super! … Ha! Schön erste Reihe sitzen … diesmal aber „gönn dir“ …

Zack! Los gehts …

Ostermontag, ich bin zwei Stunden vor dem Wecker wach … Flipp ich jetzt völlig aus? Erst das Piepen in den Ohren … dann unruhiger Schlaf … bin ich etwa anfällig für kosmische Strahlung, oder wie oder was? … Ich packe meine sieben Sachen …

Schon steht mein Rucksack …

reisebereit vor der Tür … brav trinke ich meinen Kaffee aus, während mein Nachbar über mir schon mitten in seinem Video-Ballerspiel steckt … In voller Lautstärker deckt er seine Gegner mit Kugelhagel ein … mörderisch die Schreie der Verzweifelten …

Muss eine Bazooka …

oder was ähnlich Fettes sein … bei jedem erfolgreichen Shot kreischt er hysterisch auf! … Leise ziehe ich die Tür hinter mir zu, schließe zwei Mal ab … gehe gemütlich aus dem Gebäude, höre hier oder da leises Keuchen … Irgendwo ertönt lautes Klatschen …

Dann ein lauter Schrei! …

Häusliche Gewalt ist was Schönes, wenn es in gegenseitigem Einvernehmen geschieht, denke ich mir … Irgendjemand möbelt immer jemanden durch … Laut krachend fällt unser Haupttor ins Schloss … Nach ein paar Minuten Fußweg spring ich auf meinen Rappen …

Laut röhrend …

erwacht der Motor zum Leben … vorbei an alten Backsteinhäusern der Altstadt schlängeln wir uns durch die engen Gassen … letzter Gruß an die Pont Neuf … schon knattern wir aus der Stadt, Richtung Flughafen …

„Attention please!

Last call für Mr. Quad el Habib, kommen sie sofort zum Gate 25, wir schließen das Boarding in wenigen Minuten! Mr. Quad el Habib, Last call … you need to come to Gate 25. Thank you!” … Im Flughafen das übliche Gewusel …

Besonders bei der Security …

Ein sehr schwarzer Sicherheitsbeamter baut sich vor mir auf … „Guten Tag, führen sie Kosmetika, Flüssigkeiten, oder irgendwelche elektronischen Geräte wie Laptops mit sich? Bitte legen sie alles in diese Schalen, vielen Dank für Ihre Kooperation!“

Tue wie mir geheißen …

Mein Tintenfass erregt seine Aufmerksamkeit … „Entschuldigen Sie! Was ist das?“ … nichts bleibt einem erspart … „Das ist Tinte, Sir“ … bin immer super-korrekt und formell mit denen … machen auch nur ihren Job … „Was bitte, sagen Sie, ist das?“ … ich ahne es …

„Tinte!“

„Wofür verwenden Sie das?“ … er will seinen Job supergut machen, ich verstehe das … ist mir schon oft aufgefallen … Ausländer und Zugereiste geben sich Mühe in Frankreich … werden oft französischer als die Franzosen …

Sieht man bei Eric Zemmour …

Sohn algerischer Einwanderer … mausert sich zum ausgewachsenen Faschist und Nazi … wunderbare Stilblüte menschlicher Entwicklung, zu denen demokratische Staaten fähig sind … altmodische Menschen wie ich haben es schwer, es sei denn, du bist Nationalist …

Dann hast du …

Naja, das kneif ich mir mal, im Anblick des 20.April den wir gestern hatten … „Schreiben! Ich benutze die Tinte zum Schreiben! Schauen Sie …“ … Übereifrig hole ich meinen Füller aus dem Etui zeige ihm meinen Schreibapparat … Runzeln füllen die …

schwarze Stirn …

die am längeren Hebel sitzt … „Okay! Ist in Ordnung! Gute Reise!“ … Seine Vernunft siegt … bleibe Freund von Demokratie, im Ernst! … Vor mir filzt man eine Mulattin mit vierzig Kilo Übergewicht … Schweiß läuft ihr in Strömen aus den Armen …

Sie stöhnt wie eine Lokomotive …

Hinter mir piept es laut … ein bärtiger Araber zuckt zusammen … zwei Farbige kommen und filzen auch ihn … man kann die Spannung zwischen ihnen sehen … hier genügt ein leises Lüftchen … ein wenig arrogant seufzt der orientalische Bart …

„Bitte drehen Sie sich um!“

„Sind wir fertig?“ … Er lässt es sich nicht nehmen, den Ungeduldigen zu spielen … doch die Sicherheitsbeamten lassen sich nicht reizen, sehr gut! … „Einen kleinen Moment noch; es handelt sich um eine Standarduntersuchung …“

Erleichtert seufze ich …

Als ich mich vom Krisenherd entferne … „Attention please! Last call for Mrs. Severine De-Stefani, you need to come with immediate effect to Gate 55! Thank you!“ … Im duty free shop die üblichen Preisfallen … Wein im angeblichen Discount …

Abertausende Düfte …

Vernebeln meine Sinne … wie angetrunken gehe ich durch den Konsum-Sumpf … Hinterm Ausgang klimpert jemand auf ’nem Flügel rum … Victoria’s-Secret Werbung lockt mit Reizwäsche, getragen von Frauen, die es nur im Kino gibt …

Hektisch herumrennende Fluggäste …

Wie ein Schwarm verrückter Hummeln, denke ich … so dröhnt das hohle Rollen der Trollies um mich rum … Menschen schreien in Smartphones … manche lassen Youtube-Videos in voller Lautstärke dröhnen … Kinder kreischen … Erwachsene fluchen …

Überall klingelt es …

Immer schaue ich mich reflektorisch um … Summen meine Ohren jetzt etwa lauter? … Kommt wohl doch alles vom Stress … Nur welche Sorte, frage ich mich … Vom Lärm etwa? Von den vielen Geräten die uns umgeben, die ständig senden …

So wie wir?

Endlich geht unser Boarding los … Wir stehen in zwei Reihen .. Priority-Boarding und die anderen, mit mir dabei … wie die Entlein watscheln wir ins Flugzeug … 1A mein Sitzplatz, richtig so! … Hinter mir machen es sich drei Frauen auf 2A, 2B und 2C gemütlich …

Kräftige Knie knallen mir in den Rücken …

Schweigend erdulde ich … wir heben ja gleich ab … irgendwann rollen wir … steigen flott in den Himmel … mein Surren in den Ohren wird weniger … „Zeig mal her Severine, was hast du für ein Buch mit?“ …

Ach du Scheiße!

Sitzt etwa „Last-Call-Severine“ hinter mir? … Wenn ihr ganzes Leben so abläuft, wie die Ankunft am Flughafen, dann … „Ach sieh an, das kenne ich gar nicht … und? Ist das gut? Wie weit bist du? Tatsächlich? Und? Gefällt es dir?“

„Das ist total super, wie 50s!“

„Was? So gut wie 50 Shades of Grey? Kann ich mir gar nicht vorstellen, Sev! Was?“ … Irgendwann wechseln sie ihr Thema … der gemeinsame Urlaub … Wo sie unterkommen, wie sie sich freuen, was sie an welchem Tag vorhaben, ich weiß alles über sie, wann sie aufstehen wollen …

Ob Café oder Tee …

Bevorzugt wird … womit sie als aller-erstes … sie planen ihren gesamten Urlaub durch, wie schön … „Nein, wirklich!“ … „Das muss du unbedingt, also, nein, so was auch! … „Nicht auszudenken, wenn man“ … „Nun stellt euch das mal vor!“

Irgendwann schlaf ich ein …